Hallo Musik-Forum-Freunde,

seit geraumer Zeit führe ich hin und wieder Mail-Diskussionen über ein "ungewöhliches" Musik-Thema - und diese Diskussionen erstaunen mich immer wieder, denn: ich habe das Gefühl, dass sich viele Hobby-Musiker gegen die CHORUS-Notation regelrecht "wehren"! Hier muss also eine große Unkenntnis allgemein darüber herrschen, wie man "Musik macht". So werde ich versuchen in diesem Forums-Beitrag diese Noten-Geschichte mit entsprechenden Beispielen zu "erklären".

Jedoch, vorausschicken möchte ich folgende Tatsache: Diese meine Äußerungen sind rein subjektiver Natur! Der Umgang mit Musik-Notation ist also eine reine persönliche Angelegenheit, wo irgendeine ultimative Behauptung in etwa "so macht man das" gar nicht zulässig ist. Wenn wir uns hier am Anfang darüber einigen, dass die jeweilige "Standard-Notation" unantastbar bleibt - und die CHORUS-Notation nur als eine Art "Erweiterung der Möglichkeiten" anzusehen ist, dann haben wir den richtigen Anfang gefunden!

Was ist eine STANDARD-Notation?

Jedes Musik-Instrument erfordert eine ganz bestimmte Form von Notendarstellung, wobei die Instrumenten-Spielweise und Eigenschaften darüber entscheiden, wie diese Notation aussieht. Eine ORGEL-STANDARD-NOTATION besteht aus drei Musik-Informationen, welche man gleichzeitig auf einer Orgel ausführen kann, nämlich OM (Obermanual), UM (Untermanual) und Pedal (Bass-Pedal) - also eine DREIZEILIGE Notation, wobei das OM im Violinschlüssel, das UM und Pedal jeweils im Bass-Schlüssel erscheinen:

Die musikalische Aussage dieser dreizeiligen Notation ist vollkommen klar! Wer das hier nachspielen kann, kann behaupten: er spielt Orgel! Ich persönlich, da ich ja solche Notationen schreibe, bzw erstelle - habe, aus reinen Noten-Platz-Gründen, für alle meine Orgel-Bearbeitungen diese dreizeilige Notation etwas "gestrafft" und die UM-Ped.-Zeilen zusammen gefasst - und, sehr wichtig, die Begleit-Akkorde als Akkord-Symbole engetragen:

Was ist eine CHORUS-Notation?

Im Gegegensatz zu allen Standard-Notationen steht eine so genannte "Chorus"-Notation, welche zunächst nur aus der Niederschrift der Melodiestimme besteht. Allerdings, sobald man "mehr" als die reine Melodie spielen möchte, muss die Chorus-Notation auch mehrere Musik-Informationen über den harmonischen Titel-Aufbau liefern. Meine Chorus-Notationen der gesamten MWP-Liste bieten, neben der genauen Akkord-Folge, auch sehr viele Zusatz-Informationen über gewisse Arrangement-Details in Stichnoten:

Fazit.

Wenn jemand "ganz ordentlich" nach Standard-Noten spielen kann, dann hat er viel geübt und er "spielt" das jeweilige Instrument. OK. Aber: "macht er auch Musik"? Nein, tut er nicht. Er spielt Musik nach - und seine perfekte Musik-Noten-Wiedergabe von heute wiederholt er am nächsten Tag genau so perfekt wie heute! Dabei hat er sich weder Gedanken gemacht über die Tonart und geschweige denn über Akkord-Folge und eine eventuell anders klingende Begleitung! Meine persönliche Meinung ist folgende: Erst durch das Spielen einer Chorus-Notation kommt der Ausdruck "Musik-Machen" zu voller Geltung - wenn der Titel jeden Tag anders klingt - und jeden weiteren Tag ein wenig besser!

Kommentar von Friedemann Goltz. Hi Brazza, Kurze Anmerkung zum Thema Chorus Notation. Ich kenne solche Notenschrift eigentlich aus dem alten REALBOOK wo sie jedoch als LEADSHEET bezeichnet wird Melodiestimme + Akkordsymbole bzw. Akkord/Basston wenn hier ein spezieller Basston erwünscht ist (Lagenspiel). Mir reicht dieses Abgedruckte völlig aus und kann mir so auch die Akkorde für eine rechte Hand bilden wenn vollgriffig gespielt werden soll. Genauso reicht das Akkordsymbol für eine Walkingbass Line. Richtig fett abgedruckte Cluster Akkorde muss ich mir anfangs zwar auch erst raustüfteln nur wenn die einmal sitzen macht mir das nichts mehr aus und weiß trotzdem was wie zu greifen ist. Ehrlich gesagt sind mir Leadsheets oder Chorusnoten lieber, weil ich daraus alle Infos habe die ich benötige. Bei voller Notation dient mir dieses eh meistens nur als Anhalt für MEIN SPIEL.

Für diejenigen die "nur" 3zeilige Noten spielen wollen, gibt es jedoch noch eine weitere Variante:
Es sind die, die sich zwar solche Noten auf die Orgel stellen sich jedoch einen Teufel drum scheren was da nun genau steht. Die Melodiestimme geht eigentlich noch meistens so la la aber schon beim Timing (Takt) und erst recht bei den Akkorden hört es dann auf. Viertelnoten Akkorde werden einfach liegen gelassen, der Basston sowieso daneben getreten bzw. Bass und Wechselbass immer vertauscht. Die Frage ist da nur: Spielen die Musik nach oder machen die schon Musik????

Anmerkung der Redaktion. Hallo Friedemann, vielen Dank für deinen Kommentar - er spiegelt genau das von mir oben Gesagte wieder und deckt sich auch mit der Aussage des großen Piano-Kollegen Paul Kuhn, der mal sagte: "...man muss jeden zu spielenden Titel "eigen-bearbeiten".... Ohne Frage ist das sowohl mit der Standard- als auch mit der Chorus-Notation möglich - wobei jedoch die Chorus-Notation eine größere Herausforderung darstellt, weil eben keinerlei "vorgebildete" rhythmische Akkord/Bass-Begleitung vorliegt! Zu deiner "Spieler-Variante" mit vorgesetzten - aber falsch bzw. achtlos nachgespielten - Standard-Notationen sei nur folgendes gesagt: Diese "Hobby-Musiker" sollten sich ein anderes Hobby suchen, denn "Musik-Machen" erfordert die unabdingbare Bereitschaft zu lernen. Sie sind dazu nicht bereit - und sie werden weder jemeils richtig "Musik nachspielen" - und selber "Musik machen" schon gar nicht...

Der Beispiel-Titel entstammt der MWP-Liste und ist sogar in mehreren verschiedenen Vesionen zu haben:

MWP MWP-Nr.1228 "Innocent Child" (O mio babbino caro)